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Crisis Learning

Experimentieren und Erfahren

Lernende werden in eine simulierte oder reale Krisensituation versetzt und müssen diese selbständig lösen.

Kurzbeschreibung Crisis Learning

Crisis Learning ist eine Lernmethode, bei der die Lernenden in eine simulierte oder reale Krisensituation versetzt werden. Dabei müssen sie in einem begrenzten Zeitrahmen unter Druck Entscheidungen treffen, die das Krisenszenario bewältigen. Diese Methode fördert kritisches Denken, Problemlösungsfähigkeit, Teamarbeit und die Fähigkeit, in stressigen Situationen überlegt zu handeln. Crisis Learning ist besonders effektiv in Bereichen, die schnelles Handeln und Entscheidungsfindung unter Unsicherheit erfordern, wie z. B. Arbeitsschutz, Unfallmanagement, aber auch in Politik, Wirtschaft, Gesundheitswesen oder Umweltmanagement. Die Methode sollte interaktiv und realitätsnah entwickelt werden, sie soll die Fähigkeit fördern, unter Druck kreative Lösungen zu entwickeln.

Methoden­­steckbrief

Zeitansatz

Der Zeitansatz hängt von der Komplexität des Themas ab:

Kurze Simulationen (30-60 Minuten):

Schnellere Krisensituationen, bei denen die Lernenden eine Krisenlage analysieren und in kurzer Zeit Lösungen entwickeln müssen (z. B. ein plötzlicher Markteinbruch oder ein Naturereignis).

Mittelgroße Simulationen (1-4 Stunden):

Detailliertere Krisenszenarien, bei denen die Lernenden mehr Zeit für die Analyse und Entwicklung von Strategien haben.

Längere Krisenszenarien (mehrere Tage):

Komplexe Krisensimulationen, die eine vertiefte Auseinandersetzung und längerfristige Planung erfordern (z.B. globale Gesundheitskrise, Klimawandelmanagement). Lernende könnten hier sogar eine Station im Krankenhaus simuliert führen und über mehrere Wochen Entscheidungen treffen.

Gruppengröße

Es kann unterschiedliche Gruppengrößen geben:

Einzelarbeit:

Hier kann die/der Lernende individuell Entscheidungen in einer Krisensituation treffen. Diese Variante eignet sich gut für die individuelle Reflexion und Entscheidungs-findung.

Kleingruppen (2-4 Personen):

Gruppenarbeit ermöglicht den Austausch unterschiedlicher Ideen und Perspektiven, fördert Teamarbeit und gemeinschaftliches Problemlösen.

Großgruppen (5-8 Personen):

In größeren Gruppen können verschiedene Rollen innerhalb der Krisenbewältigung eingenommen werden (z. B. bestimmte Personenkreise aus dem Krisenszenario), um die Komplexität zu steigern.

Analog und/oder Digital

Analoge Anwendungen:

  • Rollenspiele und Simulationen in der Lerngruppe: Die Lernenden erhalten schriftliche oder mündliche Anweisungen, die das Krisenszenario beschreiben. Durch Diskussionen in Gruppenarbeit lösen sie das Problem gemeinsam.
  • Fallstudien: Komplexe Krisen werden anhand von Fallstudien analysiert, am besten von Krisen aus dem näheren Umfeld der Lernenden.

Digitale Anwendungen:

  • Digitale Simulationen und Planspiele: Plattformen wie „SimCityEDU“, „NationStates“ oder „Crisis Command“ ermöglichen es den Lernenden, Krisensituationen in einem interaktiven digitalen Umfeld zu simulieren.
  • Online-Kollaborationstools: Anwendungen wie „Padlet“ oder „Trello“ können für die Gruppenarbeit genutzt werden, um Informationen zu sammeln und Lösungen zu koordinieren.
  • Virtuelle Krisenräume: In einer virtuellen Lernumgebung können Lernende in Echtzeit auf neue Entwicklungen reagieren.

Vorbereitung

Die Vorbereitungsaufgaben sind vielfältig:

Umfangreiche Vorbereitung:

Krisen können für das Lernen viele Ereignisse im persönlichen, lokalen, nationalen oder globalen Horizont sein. Es ist wichtig, dass die Lernenden selbst solche Krisen für sich aufspüren. Wenn Lernbegleitungen das, was sie für eine Krise halten, einführen, ist immer zunächst die tatsächliche Betroffenheit der Lernenden zu klären. Aber sehr oft ergeben sich auch die Krisen aus Themen des Lehrplans, der Lebenswelt oder persönlichen Erfahrungen.

Durchführungs­schritte

1. Schritt: Einführung in das Szenario

  • Die Lernbegleitung stellt eine Krisensituation vor, die real oder fiktiv sein kann. Das Szenario sollte klar definiert sein und genügend Informationen zur Verfügung stellen, um eine fundierte Analyse und Entscheidungen zu ermöglichen.
  • Beispiel: Ein plötzliches Naturkatastrophenereignis, ein weltweiter Wirtschaftseinbruch, das Führen einer Krankenstation oder eine diplomatische Krise zwischen Ländern.

2. Schritt: Rollenverteilung und Aufgabenklärung

  • In Gruppenarbeiten werden den Lernenden unterschiedliche Rollen zugewiesen (z.B. Regierung, Wirtschaftsexperten, Umweltschützer, Medien). Jede Rolle hat unterschiedliche Interessen und Perspektiven, die in die Krisenbewältigung einfließen.
  • In Einzelarbeiten übernimmt die Person die Verantwortung für alle Entscheidungen.

3. Schritt: Problemanalyse

  • Die Lernenden analysieren die Krise und identifizieren die wichtigsten Probleme, die gelöst werden müssen. Sie müssen priorisieren, welche Maßnahmen am dringendsten sind, und Risiken abwägen.
  • Hier ist Zeitdruck wichtig, um die Realitätsnähe zu betonen und die Dringlichkeit der Lage zu verdeutlichen.

4. Schritt: Entwicklung von Lösungsstrategien

  • Die Lernenden entwickeln verschiedene Lösungsansätze, um die Krise zu bewältigen. Sie müssen überlegen, welche Maßnahmen kurzfristig greifen, welche langfristig wirken und welche Konsequenzen diese haben.
  • In Gruppenarbeiten müssen die Lernenden miteinander kommunizieren, Kompromisse eingehen und Entscheidungen gemeinsam treffen.

5. Schritt: Entscheidungsfindung und Umsetzung

  • Die Lernenden entscheiden sich für die beste Strategie und setzen diese um. Sie müssen erklären, warum sie diese Entscheidung getroffen haben und wie sie die Umsetzung gestalten wollen.
  • Bei digitalen Anwendungen könnten die Entscheidungen in Simulationen getestet oder in Echtzeit auf die Entwicklung des Szenarios angewendet werden.

6. Schritt: Reflexion und Feedback

  • Nach der Krisensimulation reflektieren die Lernenden über ihre Entscheidungen und diskutieren, welche Auswirkungen diese hatten. Sie analysieren, was gut funktioniert hat und wo Verbesserungspotential besteht.
  • Feedback von der Lernbegleitung und den anderen Gruppen ist hier wichtig, um Lerneffekte zu verstärken.

Im Grunde erbringt ein Crisis Learning (Lernen in und mit Krisen) einen Beweis, was Lernende wirklich können, was geschieht, wenn das Erlernte auf eine unerwartete Realität trifft.

Tipps zur Durchführung

Tipps zur Durchführung

Bei den meisten Krisen fallen die Antworten nie einfach aus, sondern zwingen uns, eine differenziertere Sicht durch Nachdenken zu erhalten. Ein Lernen bei Krisen – meist unter Zeitdruck – aktiviert mehrere Kompetenzen im Lernen (aus Reich & Reich: Digitale Didaktik 2025):

  • Dringlichkeit und Druck: Je stärker der Realitätsdruck wirkt, desto intensiver wird das Lernerlebnis verarbeitet. Hieraus entsteht jedoch auch die Scheu vor solchen Herausforderungen, weil Lernbegleitende dies ihren Lernenden nicht zumuten wollen. Wenn ein solcher Prozess jedoch gut begleitet wird, dann kann selbst das Scheitern unter Zeitdruck einen höheren Lernerfolg bedingen als eine langweilige und bloß theoretische Erörterung, die schnell wieder vergessen wird. Wenn in der beruflichen Bildung etwa gelernt werden soll, wie ein Beratungsgespräch von Kunden gut gelingen kann, dann wird eine Simulation unter möglichst echten Bedingungen immer mehr Erkenntnisse bringen als ein Papierfall in geschützter Isolation.
  • Anpassungsfähigkeit und Reaktionsschnelligkeit: Lernende wollen möglichst immer auf alle Fallkonstellationen vorbereitet sein, wenn es an den Ernstfall geht. Aber sie lernen besser, weil intensiver, wenn sie auf unvorbereitete Reaktionen und Situationen stoßen. Solche Situationen sollten für Schule und Beruf bestimmend sein, sie dürfen nicht aus dem Lernen verbannt werden. Aber wenn sie eingesetzt werden, dann muss auch der gewagte Prozess offen für Fehler sein, aus denen man lernen kann. Vor allem darf niemand lächerlich gemacht werden, wenn es zu unvollständigen Lösungen kommt.
  • Fokus auf die Problemlösung: Die größte Chance in jeder Krise ist, dass die Lernenden sich auf die Problemlösung konzentrieren und dadurch Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden lernen. Das ist insbesondere eine Stärke des Problem-based Learning. Da dabei immer Entscheidungen zu treffen sind, stärkt dies auch die Handlungsfähigkeit.
  • Emotionale Stabilität und Resilienz: Die Lernforschung zeigt, selbst bei mehrmaligem Scheitern einer Aufgabe führt am Ende die korrekt durchgeführte Lösung zu einem höheren Lernerfolg (siehe etwa Kapur 2014, 2016). Bei sehr unterschiedlichen Anforderungen zeigt sich, dass das produktive Scheitern zum Lernen immer dazugehört (etwa Nachtigal et al. 2020).
  • Zusammenarbeit und Netzwerklernen: Der Zwang zur Zusammenarbeit ergibt sich aus der Problemsituation, was die Bereitschaft zu Teamlösungen fördert. Information muss miteinander geteilt, Entscheidungen müssen zusammen diskutiert und abgestimmt werden, im günstigen Fall wirkt die Schwarmintelligenz zusammen, aber in jedem Fall wird unter einem Druck von Entscheidungen oder Ereignissen intensiver und nachhaltiger gehandelt.
  • Technologische Fähigkeiten: Sie kommen in solchen Situationen stärker zum Einsatz, weil der Zeitdruck dazu führt, alle Ressourcen zu aktivieren und die schnellen Technologien gezielt einzusetzen.
Stolperfallen
  • Überforderung durch den Zeitdruck: Einige Lernende könnten den Druck der schnellen Entscheidungsfindung als zu stressig empfinden, was zu oberflächlichen oder unüberlegten Lösungen führen kann.
  • Ungleichgewicht in der Gruppenarbeit: In größeren Gruppen könnten einige Lernende dominieren, während andere weniger eingebunden sind.
  • Mangelnde Vorbereitung: Ohne ausreichendes Hintergrundwissen zur Krise könnten Lernende Schwierigkeiten haben, fundierte Entscheidungen zu treffen.
  • Komplexität der Krise: Zu komplexe oder abstrakte Krisenszenarien können dazu führen, dass sich die Lernenden überfordert fühlen und keine klaren Lösungsansätze finden.
Variationen

Krisen selbst zwingen dazu, immer in Variationen zu denken, Veränderungen zu antizipieren, Anpassungen an neue Situationen vorzunehmen. Deshalb ist es bei dieser Methode notwendig, die Variationen selbst zum Gegenstand des Lernens zu machen und stets zu fragen: Was haben wir ausgelassen? Was könnte bei unserem Lösungsversuch geschehen? Welche Akteure werden wie auf welche Interventionen reagieren? usw.

Anwendungs­beispiele

Ein Beispiel für eine mögliche Krise ist das Auftreten der KI: Nimmt sie uns nur Arbeit ab oder ersetzt sie den Menschen bei existenziellen Fragen? Ist sie Hilfe oder langfristig der Untergang unserer Selbständigkeit?

 Also fragen wir ChatGPT:

„Aus welchen Krisen der Gegenwart können Lernende der Alterstufe xx besonders gut lernen, wie sich diese Krisen aus unterschiedlichen Perspektiven der xx, xx und xx lösen lassen? (etwa Politik, Wirtschaft, Psychologie oder einer genauer benannten Perspektive).

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