Demokratie im Kleinen
Experimentieren und Erfahren

Demokratie im Kleinen ermöglicht auf allen Stufen des Lernens eine Partizipation der Lernenden, um demokratische Prozesse für sich konkret zu erfahren.

Kurzbeschreibung Demokratie im Kleinen
Demokratie im Kleinen wird im Anschluss an John Dewey als die wesentliche Grundlage für Demokratie im Großen (d.h. die auf Gewaltenteilung beruhende demokratische Verfasstheit demokratischer Staaten) gesehen. Demokratie im Kleinen ermöglicht auf allen Stufen des Lernens eine Partizipation der Lernenden, um demokratische Prozesse für sich konkret zu erfahren. Nur auf dem Wege der konkreten und kontinuierlichen Ausübung demokratischer Beteiligung ist es möglich, die Vorteile demokratischer Handlungen, aber auch die Mühen gegenseitiger Verständigung zu erfahren. Die Förderung von Demokratie im Kleinen bezieht sich darauf, demokratische Werte und Prinzipien wie Mitbestimmung, Meinungsfreiheit und die Verantwortung für gemeinschaftliche Entscheidungen bereits im schulischen Umfeld zu vermitteln. Dies kann durch konkrete Beteiligungsformen wie Klassenräte und eine gute Schülermitbestimmung erreicht werden. Beide Konzepte bieten den Lernenden die Möglichkeit, aktiv am schulischen und sozialen Leben teilzunehmen, Verantwortung zu übernehmen und demokratische Prozesse hautnah zu erleben.
Der Klassenrat (Lerngruppenrat) ist eine regelmäßig stattfindende Versammlung der gesamten Klasse (Lerngruppe), in der die Lernenden die Möglichkeit haben, gemeinsam über wichtige Themen, Probleme und Ideen zu sprechen und Entscheidungen zu treffen. Im Klassenrat werden Anliegen demokratisch besprochen und Lösungen werden gemeinschaftlich erarbeitet. Er fördert die Beteiligung der Lernenden, stärkt die soziale Kompetenz und vermittelt demokratische Grundwerte wie Diskussion, Abstimmung und Mehrheitsentscheidungen.
Schüler/innenmitbestimmung ermöglicht es Lernenden, aktiv an der Gestaltung des Schullebens teilzunehmen. Dies kann durch Gremien wie die Schülervertretung (SV) oder themenbezogene Projektgruppen geschehen. Lernende können hier Verantwortung übernehmen, ihre Interessen vertreten und Entscheidungen im Schulalltag mitgestalten.
Methodensteckbrief

Zeitansatz
Der Zeitansatz hängt von der Komplexität des Themas ab:
Einführung des Klassenrats (60-90 Minuten):
Um den Klassenrat zu etablieren, benötigt es eine Einführungssitzung, in der die Regeln, Rollen und der Ablauf erklärt werden.
regelmäßige Sitzungen (30-45 Minuten):
Der Klassenrat findet idealerweise wöchentlich oder alle zwei Wochen statt, je nach Bedarf der Klasse und Umfang der Themen.
Schüler/innenvertretungstreffen (60-90 Minuten, monatlich):
Regelmäßige Treffen der Schüler/innenvertretung, um Anliegen der Schüler/innen zu besprechen und mit Lehrkräften oder der Schulleitung abzustimmen.
Projektbezogene Treffen (nach Bedarf):
Arbeitsgruppen können sich projektbezogen treffen, um spezifische Themen wie Umweltprojekte oder Schulveranstaltungen zu organisieren.

Gruppengröße
Es sind alle beteiligt, da es um Partizipation geht:
Alle sind beteiligt:
Der Klassenrat oder Lerngruppenrat umschließt alle Lernenden und die Lernbegleitung. Es werden alle eingebunden, damit jede/r seine/ihre Meinung äußern kann.
Die Schüler/innenvertretung wird pro Klasse/Lerngruppe meist mit 2 Personen gewählt, sie setzt sich in einem Schüler/innenparlament aus allen vorhandenen Gruppen gleichberechtigt zusammen.

Analog und/oder Digital
Eher analog, Ergänzung durch digitale Tools möglich:
Analoge Anwendungen:
Klassische Sitzungen im Klassenzimmer, bei denen Schüler/innen ihre Anliegen mündlich vortragen und diskutieren.
Digitale Anwendungen:
Nutzung von Tools wie „Padlet“, „TaskCards“oder einer Lernplattform, um Themen vorab zu sammeln. Online-Plattformen und Videokonferenztools ermöglichen virtuelle Sitzungen insbesondere bei Distanzunterricht.

Vorbereitung
Vorbereitung eines Konzeptes:
Lehrende sollten bei der Einführung gemeinsam mit Lernenden ein Konzept entwickeln. Hierzu gibt es im Internet zahlreiche Hinweise und Vorschläge von anderen Schulen. Die Lernenden helfen sich über die Jahrgänge hinweg gegenseitig, eine gelingende Beteiligung zu organisieren.
Durchführungsschritte
Zum Klassenrat
1. Schritt: Einführung und Schulung
- Der Klassenrat wird zunächst eingeführt, indem die Lernbegleitung die Bedeutung, die Ziele und die Methode des Klassenrats erklärt.
- Den Schüler/innen werden die verschiedenen Rollen im Klassenrat (Vorsitz, Protokollführung, Moderation, Zeitwächter) vorgestellt.
2. Schritt: Rollenverteilung und Ablauf
- Es wird ein rotierendes System für die Rollen eingeführt, damit jede/r Schüler/in im Laufe der Zeit die Möglichkeit hat, unterschiedliche Aufgaben zu übernehmen.
- Ein fester Tagesordnungspunkt (z. B. „Lob und Kritik“) wird immer beibehalten, um das regelmäßige Feedback zu sichern.
3. Schritt: Sitzungsbeginn
- Der/die Vorsitzende leitet die Sitzung ein, und die Tagesordnung wird besprochen. Vorschläge und Anliegen der Schüler/innen werden vorgetragen.
- Alle Teilnehmer/innen haben die Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern, während die Moderation für den geordneten Ablauf sorgt.
4. Schritt: Diskussion und Entscheidungsfindung
- Themen werden offen diskutiert, wobei die Moderation darauf achtet, dass alle zu Wort kommen und die Regeln eingehalten werden (z. B. respektvoller Umgang, keine Unterbrechungen usw.).
- Abstimmungen werden durchgeführt, wenn es unterschiedliche Meinungen gibt, und Entscheidungen basieren auf Mehrheitsvoten.
5. Schritt: Protokoll und Umsetzung
- Die Protokollführer/in dokumentiert die Ergebnisse und beschlossenen Maßnahmen. Das Protokoll wird zur nächsten Sitzung als Grundlage für die Reflexion verwendet.
- Umgesetzte Maßnahmen oder ungelöste Probleme werden regelmäßig überprüft.
Zur Schüler/innen-
mitbestimmung
1. Schritt: Einführung und Schulung
Die Lernenden werden in den demokratischen Prozess und die Struktur der Vertretung in der Regel durch die vorhergehende Vertretung eingeführt. Sie lernen, wie man Wahlen organisiert und wie die Mitbestimmung im Schulalltag abläuft.
2. Schritt: Wahlen der Schülervertretung
Die Lernenden wählen ihre Vertreter/innen, die regelmäßig die Anliegen sammeln und mit den entsprechenden Verantwortlichen (Lehrkräften, Schulleitung) besprechen.
3. Schritt: Themenerhebung
Die Vertretung sammelt Anliegen, Ideen und Probleme der Lernenden und bringt diese in regelmäßigen Treffen zur Sprache. Dies können alle Themen von Relevanz sein, in der Regel sind es Schulveranstaltungen, Essensauswahl in der Mensa, Feste und Feiern, aber auch Projekte.
4. Schritt: Diskussion und Entscheidungsfindung
In den Sitzungen werden die Themen besprochen und demokratische Entscheidungen getroffen. Diese können an die Schulleitung weitergeleitet oder eigenständig umgesetzt werden. Es gibt hierfür ein Regelwerk mit schriftlichen Vereinbarungen, fast immer in der Schulverfassung geregelt.
5. Schritt: Umsetzung und Reflexion
Die Beschlüsse werden im Schulalltag umgesetzt. Nach einer gewissen Zeit wird reflektiert, ob die Maßnahmen erfolgreich waren, und gegebenenfalls nachjustiert.
Wer nicht früh demokratische Beteiligungen zu schätzen lernt, der wird später leichter manipuliert werden können.

Tipps zur Durchführung
Tipps zur Durchführung
- Demokratische Entscheidungsprozesse üben: Regelmäßige Abstimmungen, z. B. im Klassenrat oder bei der Schülermitbestimmung, um die Beteiligung zu fördern und demokratische Prinzipien wie Mehrheitsentscheidungen und Kompromisse zu lernen.
- Verantwortung übertragen: Lernenden werden gezielte Verantwortungsbereiche zugewiesen (z. B. Moderation, Protokollierung, Projekte), damit sie die Auswirkungen ihrer Entscheidungen erleben.
- Offene Kommunikation fördern: Regelmäßige Diskussionsrunden und Feedbackmechanismen einführen, um den Austausch zu unterstützen und eine respektvolle Gesprächskultur zu etablieren.
- Reflexionsphasen einbauen: Nach jeder Sitzung oder Projektrunde sollten Reflexionsphasen eingeplant werden, um die Erfahrungen zu analysieren und Verbesserungsmöglichkeiten zu finden.
Stolperfallen
- Ungleiche Beteiligung: Einige Lernende können sich dominierend verhalten, während andere sich kaum trauen, ihre Meinung zu äußern.
- Disziplinprobleme: Wenn die Struktur nicht klar genug ist, kann es zu Unordnung oder Unklarheit während der Diskussion kommen.
- Zeitliche Engpässe: Der Klassenrat könnte zu lange dauern, wenn zu viele Themen auf die Tagesordnung kommen. Eine klare Zeitplanung ist notwendig.
- Mangelnde Unterstützung: Ohne ausreichende Unterstützung durch Lehrkräfte oder die Schulleitung könnten die Maßnahmen der Schüler/innenvertretung ins Leere laufen.
- Geringe Beteiligung: Wenn die Schüler/innenschaft kein Interesse an Mitbestimmung zeigt, könnten nur wenige engagierte Lernende die Verantwortung tragen.
- Fehlende Verbindlichkeit: Es besteht das Risiko, dass gefällte Beschlüsse nicht umgesetzt oder ignoriert werden, was die Motivation senken kann.
Variationen
Wichtig ist es, dass die Lernenden ermutigt werden, eigene Mitbestimmungs- und Beteiligungsformen zu erproben. Grundlage für alle Prozeduren sollte die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages sein, da sie eine bewährte Form für demokratische Prozesse darstellt und so zugleich den Lernenden bewusster werden kann.
Anwendungsbeispiele
Im Internet oder auch über ChatGPT findet man zahlreiche Anwendungssenarien, insbesondere für die Schule.
In der beruflichen Bildung oder dem Studium wäre die Demokratie im Kleinen zwar auch möglich, müsste aber sehr viel anspruchsvoller gedacht werden. Hier könnten insbesondere kritische Themen und die Rollen in der Demokratie reflektiert werden und ggf. auch mit einem Planspiel oder Rollenspiel kombiniert werden.
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