Digitale agile Tools
Digitales Lernen
Eine Überblick über Tools gewinnen, um die Lernarbeit dynamisch, prozessorientiert, transparent und agil zu begleiten.
Kurzbeschreibung Digitale agile Tools
Agile digitale Tools helfen insbesondere, dynamische, flexible und ergebnisorientierte Lernprozesse in Schule und Weiterbildung zu organisieren. Sie fördern vor allem Flexibilität, Eigenverantwortung und Zusammenarbeit. Sie helfen Lernenden, große Projekte in kleinere, überschaubare Schritte zu unterteilen, kontinuierlich Fortschritte zu machen und sich an Veränderungen anzupassen. Mit der richtigen Einführung und regelmäßiger Unterstützung bieten agile Methoden ein effektives Werkzeug für die Projektarbeit und das Lernen in arbeits-, prozessorientierten und dynamischen Umgebungen.
Agile Methoden und digitale Tools helfen, Projekte effizient zu organisieren, Aufgaben dynamisch zu planen und die Zusammenarbeit im Team zu stärken. Agile Prinzipien wie Transparenz, kontinuierliches Feedback und schnelle Anpassung an Veränderungen stehen dabei im Vordergrund. Agile Tools bieten flexible Rahmenbedingungen, um auf sich verändernde Anforderungen im Lernprozess reagieren zu können. Die Tools sind entweder agile Anleitungen oder damit verbundene Softwarelösungen, die den agilen Ansatz in der Zusammenarbeit, Aufgabenverwaltung und Projektorganisation unterstützen. Diese Tools basieren häufig auf Kanban- oder Scrum-Methoden, bei denen Aufgaben in kleineren, überschaubaren Schritten geplant, priorisiert und bearbeitet werden. In agilen Lern- oder Projektumgebungen sind regelmäßige Feedback-Schleifen und Reflexionsphasen integriert, um den Fortschritt kontinuierlich zu verbessern und den Lernenden mehr Eigenverantwortung und Flexibilität zu geben.
Für mehr Informationen zu einzelnen agilen Methoden und agilen Grundprinzipien und deren Anwendung in Bildungskontexten siehe Reich & Reich: Digitale Didaktik, Beltz 2025, Kapitel 9: Agiles Lernen und Arbeiten, ab Seite 214
Eine Auswahl digitaler Tools:
Agiles Arbeiten ist eine Mischung aus analogem und digitalem Vorgehen, ein Blended Learning Ansatz, in dem im meist arbeitsteiligen Vorgehen Produkte/Ergebnisse erstellt oder gefertigt werden, die durch digitale Tools unterstützt werden können:
Organisationstools:
- Trello: Ein einfaches, visuelles Kanban-Board, das für die Verwaltung von Aufgaben und Projekten in Teams verwendet wird. Lernende können Aufgaben in Spalten wie „To-Do“, „In Arbeit“ und „Erledigt“ verschieben. Es bietet auch die Möglichkeit, Fristen, Anhänge und Checklisten zu integrieren.
- Jira: Ein leistungsfähiges Projektmanagement-Tool, das besonders für Scrum und agile Entwicklungsprozesse entwickelt wurde. Es bietet detaillierte Berichte, Sprint-Planung und Aufgabenverfolgung.
- Asana: Ein flexibles Tool für Aufgaben- und Projektmanagement, das sowohl in kleinen als auch in größeren Teams eingesetzt werden kann. Es bietet eine übersichtliche Verwaltung von Aufgaben, Terminen und Meilensteinen.
- Microsoft Planner: Ein integriertes Tool in Microsoft Teams, das ähnliche Funktionen wie Trello oder Asana bietet. Es eignet sich für die Zusammenarbeit in der Microsoft-Umgebung.
- Whiteboards: miro, mural, padlet, taskcards, Jamboard, conceptboard usw.
Agiler Allrounder: AnyWhere.Tools: Kann agile Boards, besitzt ein Tool fürs Timeboxing, kann Umfragen, Estimation Poker, Lobkarten und vieles mehr.
Check-In, warm-ups: Tools, mit denen man Eisbrecher-Fragen stellen kann. Optionen sind: Check-In Generator, parabol, icebreaker.range.co
Retrospektiven: Retrospektiven können eigentlich mit fast allen Feedbacktools (siehe Retrospektiven im Methodenpool) durchgeführt werden. Optionen sind z.B. FunRetrospectives, srumlr.io
Methodensteckbrief
Zeitansatz
Es kann unterschiedliche Zeitansätze geben:
Einzelne agile Methoden:
10-20 Minuten: Kurzes Stand-Up, Check-In, Retrospektive.
Kurzprojekte:
1-2 Wochen: Einfache Lernprojekte oder Gruppenarbeiten, die in einem oder zwei Sprints abgewickelt werden können.
Mittlere Projekte:
4-6 Wochen: Umfangreichere Projekte, die mehrere Sprints umfassen. Nach jedem Sprint wird reflektiert und das Projekt schrittweise weiterentwickelt.
Langprojekte:
mehrere Monate: Langfristige Projekte, bei denen kontinuierliche Sprint-Zyklen (jeweils 1-2 Wochen) durchgeführt werden. Agile Methoden helfen dabei, den Fortschritt regelmäßig zu überprüfen und anzupassen. Sie kommen öfter in Betrieben vor.
Gruppengröße
Es sind unterschiedliche Gruppengrößen möglich:
Kleingruppe:
3-6 Personen: Ideal für die Anwendung agiler Methoden, da die Kommunikation und Zusammenarbeit eng und effizient gestaltet werden kann. In kleinen Teams können alle Lernenden aktiv mitarbeiten und Verantwortung übernehmen.
Mittlere Gruppen:
7-15 Personen: Bei diesen schon größeren Teams werden meist kleinere Subteams gebildet, die an verschiedenen Aufgabenbereichen arbeiten. Die Arbeitsteilung erfordert eine gute Abstimmung untereinander.
Großgruppen:
15 + Personen: In großen Gruppen bietet es sich an, die Lernenden in kleinere Teams zu unterteilen, die jeweils unterschiedliche Aspekte des Projekts bearbeiten. Die Lernbegleitung koordiniert die Gesamtarbeit.
Vorbereitung
Es sind unterschiedliche Vorbereitungsaufgaben sinnvoll:
Geringer Aufwand:
Wenn nur einzelne, kleine agile Methoden, wie ein Stand-up, eine Retrospektive oder ein warm-up oder check-in gemacht wird, ist der Vorbereitungsaufwan eher gering.
Mittlerer Vorbereitungsaufwand:
Die Einführung agiler Tools erfordert eine grundlegende Planung und die Erstellung eines Backlogs mit Aufgaben. Die Lernbegleitung sollte sich mit dem agilen Tool vertraut machen und klare Anweisungen zur Verwendung des Tools geben. Die Methode selbst erfordert regelmäßige Treffen und Check-ins, was den Vorbereitungsaufwand erhöhen kann.
Das Einrichten der agilen Boards (z.B. in Trello oder Asana) ist relativ einfach und dauert nicht lange, aber das fortlaufende Management des Prozesses erfordert etwas Zeit, um den Fortschritt zu überwachen und Feedback zu geben.
Durchführungsschritte
1. Schritt: Einführung in agile Prinzipien
- Zunächst sollten bei einer ersten Durchführung immer erst die Grundlagen agiler Methoden erläutert werden, z.B. die Prinzipien von Scrum, Design Thinking oder Kanban. Die Lernenden erfahren, dass agiles Arbeiten flexibel ist und auf wiederholbaren Ereignissen (iterativ) beruht. Alle Aufgaben werden in kleinen Schritten bewältigt und kontinuierlich überprüft.
- Die Lernbegleitung erklärt die wichtigsten Begriffe wie Backlog, Sprint, Daily Stand-up und Retrospektive, die den Lernprozess strukturieren.
- Es kann auch ein Einzelelement, wie z.B. das Daily Stand-up alleine durchgeführt werden.
2. Schritt: Auswahl und Einführung eines agilen Tools
- Die Lernbegleitung kann aus dem Internet eine der unzähligen agilen Anleitungen herunterladen und hierzu ein eigenes agiles System aufstellen und schrittweise planen, das den Lernbedürfnissen entspricht. Der Vorteil hierbei ist, dass keine weiteren Kosten entstehen. Zudem können die eigenen Bedürfnisse mit einigen Aufwand gezielt berücksichtigt werden. Es kann leicht im Blended Learning vorgegangen werden, indem bestehende digitale Tools und verfügbare Softwareprogramme genutzt werden.
- Alternativ hierzu und meist einfacher in einer ersten Anwendung ist es, wenn ein digitales agiles Tool ausgewählt wird, das die Aufgabenplanung und Zusammenarbeit unterstützt. Gängige Tools wie Trello, Jira, Asana oder Microsoft Planner bieten vorstrukturierte visuelle Projektmanagement-Boards, auf denen Aufgaben (sogenannte „Tickets“) erstellt und zwischen verschiedenen Spalten wie „To-Do“, „In Bearbeitung“ und „Fertig“ (siehe Kanban-Board im Methodenpool) verschoben werden können.
- Den Lernenden wird das selbst erstellte oder erworbene Tool erklärt und gezeigt, wie sie es verwenden können, um ihre Aufgaben zu verwalten, Fristen festzulegen und Fortschritte zu verfolgen.
3. Schritt: Erstellung eines Backlogs und Planung des Sprints
- Das Backlog bietet den inhaltlichen Kern des Projektes, es bildet die Lernziele und Inhalte, die Themen und Produkte ab, um die es im Lernprozess und bei den erwünschten Ergebnissen gehen soll. Günstig ist es, wenn die Lernenden an der Erstellung dieses Backlogs umfassend beteiligt werden, denn das Backlog enthält alle Aufgaben oder Teilprojekte, die im Rahmen des Lernprojektes anstehen und zur Kontrolle festgehalten werden. Jede Aufgabe wird beschrieben und priorisiert, und die Gruppe entscheidet, welche Aufgaben in welcher Zeit und Reihenfolge im nächsten Sprint (Zeitraum für die Bearbeitung der Aufgaben) bearbeitet werden sollen.
- Ein Sprint kann sehr kurz bei einfachen Aufgaben sein, aber auch ein bis zwei Wochen dauern. Am Anfang eines jeden Sprints werden die Aufgaben ausgewählt, die während dieser Zeit erledigt werden sollen.
4. Schritt: Daily Stand-ups oder regelmäßige Besprechungen
- Während des Sprints treffen sich die Lernenden regelmäßig zu kurzen Besprechungen (Stand-ups), in denen sie den Fortschritt ihrer Aufgaben besprechen, Hindernisse identifizieren und die nächsten Schritte planen. Diese Meetings sind kurz (ca. 10-15 Minuten) und helfen, den Fokus zu behalten und Herausforderungen schnell zu lösen.
5. Schritt: Abschluss des Sprints und Retrospektive
- Nach Abschluss eines Sprints wird eine Retrospektive durchgeführt, bei der die Lernenden reflektieren, was gut gelaufen ist, was verbessert werden kann und welche Hindernisse aufgetreten sind. Diese Reflexion hilft, den nächsten Sprint effektiver zu gestalten.
- Die erledigten Aufgaben werden abgeschlossen und der Fortschritt wird dokumentiert.
6. Schritt: Wiederholung der Sprints und kontinuierliche Verbesserung
- Das iterative Arbeiten wird fortgesetzt, indem immer wieder neue Sprints geplant und durchgeführt werden. Aufgaben werden kontinuierlich priorisiert, bearbeitet und angepasst. Das agile Vorgehen ermöglicht es den Lernenden, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und den Fortschritt regelmäßig zu überprüfen.
Agiles Lernen wird nicht erreicht, wenn die Lernbegleitung viel vorgibt und nachahmend lernen lässt, sondern wenn die Lernenden aktiv ein Produkt oder Lernergebnis im Team erschaffen oder erstellen.
Tipps zur Durchführung
Tipps zur Durchführung
- Klare Einführung und Schulung: Agile Methoden sind für viele Lernende neu. Es braucht ein kleinschrittiges und erfassbares Vorgehen, um die Methode einzuführen. Dazu sollte das erste Projekt überschaubar und leicht zu bewältigen sein. Die Grundlagen zu Scrum, Kanban oder einer anderen agilen Methode müssen anschaulich mit Beispielen erläutert werden.
- Aufgaben in kleine Einheiten aufteilen: Zerlegen Sie große Projekte in kleinere, überschaubare Aufgaben. So bleibt der Fortschritt sichtbar und die Lernenden haben leichter Erfolgserlebnisse.
- Regelmäßige Check-ins und Stand-ups: Kurze, regelmäßige Treffen zur Fortschrittskontrolle sind entscheidend, um den Fokus zu halten. Die Lernenden können Hindernisse ansprechen, die in der Gruppe oder mit Unterstützung der Lernbegleitung gelöst werden.
- Flexibilität fördern: Eine Stärke agiler Methoden ist die Anpassungsfähigkeit. Die Aufgaben müssen so angelegt sein, dass die Lernenden flexibel auf Veränderungen reagieren können (etwa Kundenwünsche, Nutzungsanforderungen). Dazu sind ggf. Aufgaben neu zu priorisieren.
- Feedback-Schleifen nutzen: Die regelmäßige Reflexion über die Arbeit ist zentral für die Verbesserung des Prozesses. Es sollte ausreichend Zeit für Retrospektiven gegeben werden, in denen die Lernenden ihre Fortschritte und Herausforderungen besprechen können.
Stolperfallen
- Überforderung durch Eigenverantwortung: Lernende könnten sich überfordert fühlen, da agile Methoden viel Eigenverantwortung und Selbstorganisation erfordern. Eine enge Betreuung und Unterstützung durch die Lernbegleitung ist gerade zu Beginn wichtig.
- Zu große Aufgaben: Aufgaben sollten in überschaubare und bearbeitbare Einheiten zerlegt werden. Zu große Aufgaben führen zu Frustration, weil der Fortschritt nicht sichtbar wird.
- Fehlende Produktorientierung: Die agile Methode ist dann am erfolgreichsten, wenn ein klares Ziel und zu fertigendes Produkt/Ergebnis vor Augen steht, dessen Nutzen und Verwendung klar definiert ist.
- Fehlende Struktur oder Disziplin: Wenn die regelmäßigen Stand-ups oder Reflexionsphasen vernachlässigt werden, verliert der Prozess an Transparenz und Fokus. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten diszipliniert am Prozess teilnehmen.
- Technische Barrieren: Nicht alle Lernenden könnten sich mit den digitalen Tools sofort zurechtfinden. Eine klare Einführung und Zeit für technische Unterstützung sind notwendig.
Variationen
- Kanban-Boards: Diese Methode eignet sich besonders gut für kontinuierliche Projekte oder Lernprozesse. Lernende können Aufgaben auf einem visuellen Board nach Priorität sortieren und in die Spalten „Zu erledigen“, „In Arbeit“ und „Fertig“ verschieben.
- Scrum-Prozesse: Scrum oder auch EduScrum für Bildung eignet sich gut für Projekte mit klaren Zeitrahmen (Sprints), bei denen regelmäßig überprüft wird, welche Aufgaben in einem definierten Zeitraum erledigt werden. Es erfordert regelmäßige Team-Meetings, wie Daily Stand-ups und Sprint-Retrospektiven.
- Design Thinking: Design Thinking ist eine kreative und nutzerzentrierte Methode zur Lösung komplexer Probleme, bei der interdisziplinäre Teams in einem iterativen Prozess innovative Lösungen entwickeln. Sie basiert auf den Phasen Verstehen, Beobachten, Definieren, Entwickeln, Prototypen bauen und Testen, wobei der Fokus stets auf den Bedürfnissen der Zielgruppe liegt.
- Agile Einzelarbeit: Auch bei individuellen Lernprojekten kann eine agile Methode hilfreich sein. Einzelne Lernende nutzen Kanban-Boards oder Checklisten, um ihre Aufgaben zu organisieren und den Fortschritt zu dokumentieren.
Anwendungsbeispiele
Es gibt mittlerweile eine breite Literatur zu den agilen Methoden mit zahlreichen anregenden Beispielen. Die Breite der Aufgaben kann dabei erheblich variieren, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen:
Technik/IT: Lernende nutzen agile Tools, um ein Softwareentwicklungsprojekt in Sprints zu planen. Aufgaben wie Programmierung, Testen und Debugging werden in einem Kanban-Board verwaltet.
Kreative Fächer: Ein Kunstprojekt wird in Phasen aufgeteilt, z.B. Recherche, Design, Erstellung und Präsentation. Die Lernenden organisieren ihre Aufgaben über ein Trello-Board und arbeiten in Sprints.
Projektarbeit in der Wirtschaft: In einem Wirtschaftskurs organisieren Lernende ein fiktives Start-up-Unternehmen, indem sie agile Methoden für Aufgaben wie Marketing, Produktentwicklung und Vertrieb nutzen.
Naturwissenschaften: Für ein Forschungsprojekt in der Biologie oder Chemie wird der Forschungsprozess in einzelne Schritte (Experimente, Datenanalyse, Dokumentation) unterteilt und mit agilen Methoden wie Kanban geplant.
Sozialwissenschaften: In einer sozialwissenschaftlichen Projektarbeit nutzen die Lernenden agile Methoden, um Daten zu sammeln, Theorien zu entwickeln und Ergebnisse zu präsentieren. Sie arbeiten in Sprints und reflektieren regelmäßig ihren Fortschritt.
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