Experten-
interview
Experimentieren und Erfahren
Lernende interviewen fachkundige Personen und gewinnen so tiefere Einblicke und Perspektiven.
Kurzbeschreibung Experteninterview
Das Experteninterview ist eine Methode, bei der Lernende gezielt eine fachkundige Person interviewen, um Informationen und Erkenntnisse aus einem spezifischen Bereich zu gewinnen. Es ermöglicht, Expertenwissen aus erster Hand zu erfahren und tiefer in ein Thema einzutauchen. Diese Methode ist besonders wertvoll, um theoretisches Wissen durch Praxisbeispiele zu ergänzen, aktuelle Entwicklungen zu verstehen oder unterschiedliche Perspektiven zu einem Thema zu sammeln.
Ein Experteninterview ist ein strukturiertes oder halb-strukturiertes Gespräch mit einer fachkundigen Person, die zu einem bestimmten Thema tiefergehende Informationen liefern kann. Die Lernenden bereiten sich auf das Interview vor, indem sie Fragen im Vorfeld entwickeln, die von Experten beantwortet werden. Das Experteninterview fördert Einsichten in die Informationsbeschaffung, erweitert den eigenen Horizont, ermöglicht kritisches Denken und Kommunikationsfähigkeiten. Zudem erlaubt es den Lernenden, direkten Kontakt mit dem Berufsleben oder spezifischen wissenschaftlichen Bereichen herzustellen. Die Experten/innen sind in der Regel Personen mit umfassendem Wissen und Erfahrung in einem bestimmten Gebiet (z.B. Wissenschaftlerinnen, Politikerinnen, Fachleute aus der Industrie, der Kunst usw.). Diese Methode wird sowohl in der Schule als auch in der Weiterbildung verwendet, um theoretisches Wissen mit praktischen Erfahrungen zu verknüpfen.
Methodensteckbrief
Zeitansatz
Der Zeitansatz hängt von der Komplexität des Themas ab:
Vorbereitung (2-4 Stunden):
Recherche, Expertensuche und die Erstellung des Fragenkatalogs können je nach Thema einige Stunden in Anspruch nehmen.
Durchführung (30-60 Minuten):
Das eigentliche Interview dauert in der Regel etwa 30 bis 60 Minuten.
Transkription:
Oft ist es sinnvoll, die Sprachaufnahme zu transkribieren. Dies kann in Word oder mit einer Transkriptions-KI durchgeführt werden.
Auswertung und Präsentation (1-2 Stunden):
Die Analyse der Ergebnisse und die Präsentation können einige Stunden erfordern, abhängig von der Tiefe der Informationen.
Gruppengröße
Es kann unterschiedliche Gruppengrößen geben:
Einzelarbeit:
Lernende können ein Experteninterview alleine vorbereiten und durchführen, besonders bei kleinen Projekten oder spezifischen Themen, etwa aufbereitet in einem Portfolio, geeignet.
Kleingruppe (2-4 Personen):
Gruppenarbeit ist sinnvoll, um gemeinsam Fragen zu entwickeln und die Aufgaben während des Interviews zu verteilen (z.B. Moderation, Notizen machen).
Großgruppe (5-10 Personen):
Größere Gruppen können bei umfangreicheren Projekten zusammenarbeiten, wobei unterschiedliche Rollen übernommen werden, etwa das Erstellen des Fragenkatalogs, die Kontaktaufnahme, Durchführung und Auswertung. Auch kann ein Experteninterview vor einer Großgruppe geführt werden, sodass alle die Inhalte mitbekommen.
Analog und/oder Digital
Sowohl analog, auch als digital möglich:
Analoge Anwendungen:
Das Experteninterview kann in Form eines persönlichen Treffens, einem Vortrag oder Telefongesprächs durchgeführt werden. Notizen oder Tonaufnahmen werden verwendet, um die Antworten festzuhalten.
Digitale Anwendungen:
Viele Interviews können digital durchgeführt werden, z.B. über Videokonferenz-Tools. Hierbei kann es wichtig sein, die Kamera an zu lassen, um auch über Mimik und Gestik Informationen zu gewinnen.
Vorbereitung
Vorbereitung bei den Lernenden:
Die vorbereitende Recherche sollte möglichst überwiegend bei den Lernenden liegen. Sie betrifft das Thema, geeignete Personenkreise und die Erarbeitung eines Interviewleitfadens.
Durchführungsschritte
1. Schritt: Themenwahl und Vorbereitung
- Das Thema oder die Fragestellung, zu der das Interview stattfinden soll, wird gemeinsam festgelegt. Dies kann von der Lernbegleitung vorgegeben oder von den Lernenden selbst entwickelt werden.
- Die Klasse oder Lerngruppe recherchiert grundlegende Informationen zu dem Thema, um ein Hintergrundwissen vor dem Interview zu gewinnen und gezielte Fragen formulieren zu können.
2. Schritt: Experten/innen werden gesucht
- Die Lernenden und/oder die Lernbegleitung identifizieren geeignete Experten/innen, die relevante Kenntnisse und Erfahrungen zu dem Thema haben. Dies kann durch Kontakte, Empfehlungen oder durch eine Online-Recherche erfolgen.
- Ein Kontakt wird hergestellt (E-Mail, Telefon, Videokonferenz oder persönliche Ansprache) und das Interview wird organisiert. Der Termin und die Modalitäten werden festgelegt (persönlich, telefonisch oder digital).
3. Schritt: Fragenkatalog erstellen
- Die Lernenden bereiten einen strukturierten (festgelegte Fragen) oder halb-strukturierten (teils festgelegte, teils Fragen, die sich erst im Gespräch ergeben) Fragenkatalog vor. Die Fragen sollte offen genug sind, um detaillierte Antworten zu ermöglichen, aber gleichzeitig präzise, um spezifische Informationen zu erhalten.
- Die Fragen sollten logisch aufgebaut sein: vom Allgemeinen (z.B. zum Hintergrund des Experten) zu spezifischen Details (z.B. zur Praxis oder Fachkenntnissen).
4. Schritt: Durchführung des Interviews
- Das Interview wird von den Lernenden durchgeführt. Sie leiten das Gespräch, stellen ihre Fragen und nehmen die Antworten auf. Dies kann persönlich, per Telefon oder online erfolgen (z. B. via Zoom, Teams, Skype). Das Gespräch kann vor einer größeren Gruppe oder in kleinerem Setting geführt werden.
- Wichtig ist, dass die Lernenden aufmerksam zuhören, bei Bedarf nachfragen und den Gesprächsverlauf moderieren.
5. Schritt: Auswertung und Reflexion
- Nach dem Interview analysieren die Lernenden die Antworten und ziehen Schlüsse aus den gesammelten Informationen. Dies kann durch eine schriftliche Zusammenfassung, eine Präsentation oder eine Diskussion in der Lerngruppe geschehen.
- Die Reflexion beinhaltet auch die Bewertung der eigenen Vorbereitung, der gestellten Fragen und des gesamten Interviewprozesses.
6. Schritt: Ergebnispräsentation
- Abschließend werden die Ergebnisse in geeigneter Form präsentiert, sei es als Bericht, Präsentation oder Poster. Dabei kann der Fokus auf den wichtigsten Erkenntnissen oder der Analyse des Expertenwissens liegen.
- Dieser Schritt fällt weg, wenn alle Teil des Experteninterviews waren. Hier sollte dann eher in dem Schritt 5 auf eine geeignete Auswertung und Zusammenfassung in der Gruppe fokussiert werden.
Gute Interviews zu führen, bedeutet sprachlich präzise und konkret vorzugehen!Die Lernenden lernen neue Personen und neue Perspektiven kennen.
Tipps zur Durchführung
Tipps zur Durchführung
- Sorgfältige Vorbereitung: Die Lernenden sollten ausreichend recherchieren, um fundierte Fragen stellen zu können. Sie sollten die Experten/innen und das Thema gut kennen.
- Aktives Zuhören: Während des Interviews sollten die Lernenden nicht nur die vorgegebenen Fragen abarbeiten, sondern aufmerksam zuhören und bei Bedarf nachfragen, um tiefere Einblicke zu erhalten.
- Technische Vorbereitung: Wenn das Interview digital durchgeführt wird, sollten die Lernenden sicherstellen, dass die Technik funktioniert, z.B. durch einen Testlauf der Videokonferenz-Software.
- Fragen anpassen: Falls die Expertin oder der Experte eine Antwort gibt, die weiterführende oder interessante Aspekte aufgreift, sollten die Lernenden flexibel sein und darauf eingehen, auch wenn es nicht im ursprünglichen Fragenkatalog steht.
- Nachbereitung: Nach dem Interview ist es wichtig, die Ergebnisse systematisch auszuwerten und zu reflektieren, um die wichtigsten Erkenntnisse festzuhalten und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.
Stolperfallen
- Unklare Fragestellung: Wenn die Fragen zu vage oder zu komplex formuliert sind, kann es zu Missverständnissen kommen. Dies führt zu oberflächlichen oder unklaren Antworten.
- Moralische Probleme: Etliche Themen sind hochgradig moralisch aufgeladen, hoch emotional und verführen zu Schwarz-Weiß-Denken oder eigenen Stellungnahmen, so dass die Experten/innen ihre Darstellung nicht mehr frei vorbringen können. Hier ist eine neutrale Haltung notwendig, moralische Fragen werden später in der Reflexion erörtert.
- Schwierigkeiten bei der Experten/innenfindung: Es kann schwierig sein, passende Experten/innen zu finden, besonders wenn das Thema sehr spezialisiert ist, die Expertise schwer verfügbar ist oder es kein Budget gibt.
- Mangelnde Vorbereitung: Ohne ausreichende Vorbereitung und Hintergrundwissen sind die Lernenden nicht in der Lage, detaillierte Fragen zu stellen oder Nachfragen zu formulieren.
- Technische Probleme: Bei digitalen Interviews können technische Probleme wie schlechte Internetverbindung oder Tonstörungen den Interviewprozess behindern.
Variationen
- Experten/innenrunden: Mehrere Experten/innen aus unterschiedlichen Gebieten werden eingeladen, um über verschiedene Aspekte eines Themas zu diskutieren. Lernende können verschiedene Personen interviewen und die Perspektiven vergleichen.
- Vortrag: Es werden Personen aus der Lerngruppe ausgewählt, die das Experteninterview vor allen führen. Alle anderen hören mit einem klaren Arbeitsauftrag zu.
- Digitale Interviews: Lernende können auch Online-Interviews mit Experten aus der ganzen Welt führen. Dies eröffnet die Möglichkeit, mit Fachleuten zu sprechen, die sonst schwer zugänglich wären. Sprachkenntnisse können eingesetzt werden. Günstig sind Kooperationen mit Sprachklassen aus anderen Kulturkreisen.
- Podiumsdiskussion: Anstatt einzelne Experten/innen zu interviewen, können mehrere Personen in eine Podiumsdiskussion – analog oder digital – eingeladen werden, um verschiedene Standpunkte zu einem Thema zu vergleichen.
Anwendungsbeispiele
Hier nur einige mögliche Beispiele:
- Geschichte: Ein Experteninterview mit einem Historiker über die Ursachen des Zweiten Weltkriegs kann den Lernenden helfen, historische Ereignisse aus einer fachlichen Perspektive besser zu verstehen. Alternativ können auch betroffene Menschen (etwa Verfolgte, Minderheiten usw.) interviewt werden. Oder es wird zu Stolpersteinen recherchiert und Interviews aus dem Umfeld der betroffenen Straße werden geführt (siehe hier auch die Webseite Zweitzeugen e.V.)
- Biologie: Lernende interviewen eine Biologin oder einen Biologen über aktuelle Entwicklungen im Klimawandel oder über ökologische Zusammenhänge, um ein besseres Verständnis für aktuelle Umweltthemen zu erlangen.
- Politik und Gesellschaft: Ein Gespräch mit einem Politiker oder einer Politikwissenschaftlerin über aktuelle politische Entwicklungen oder gesellschaftliche Themen wie Migration oder Bildungspolitik gibt den Lernenden praktische Einblicke in gesellschaftliche Prozesse.
- Wirtschaft: Ein Interview mit Wirtschaftsexperten/innen über die Auswirkungen der Globalisierung oder wirtschaftliche Trends hilft den Lernenden, theoretische Konzepte in der Praxis zu verstehen.
- Technik: Ein Gespräch mit Spezialisten/innen über neue technologische Entwicklungen oder Herausforderungen bei der digitalen Transformation bietet den Lernenden praxisnahe Informationen.
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