Menü

Fragend-entwickelndes Lehrgespräch

Üben und Wiederholen

Verdecktes Wissen über Fragen aktivieren oder neues Wissen fragend-entwickelnd einführen.

Kurzbeschreibung fragend-entwickelndes Lehrgespräch

Der fragend-entwickelnde Unterricht ist eine interaktive Lehrmethode, bei der die Lernbegleitung gezielte Fragen stellt, um die Lernenden schrittweise zu eigenständigen Lösungen und Erkenntnissen zu führen. Dabei wird vorhandenes Wissen aktiviert und systematisch erweitert. Die Methode soll aktives Mitdenken, Reflexion und die eigenständige Problemlösung fördern. Dagegen setzt sich eine darstellend-entwickelnde Methode aus Vortrag bzw. einer Instruktionsphase mit Zwischen­fragen zusammen.

Der darstellend-entwickelnde Unterricht ist sehr stark lehrerzentriert. Bei langen Vortragsphasen helfen die Zwischenfragen immerhin, die Lernenden beim Thema zu halten. Gleichwohl sollte eine solche Phase nie länger als 5-10 Minuten dauern. Zur Begründung dieser Unterrichtsform hat man meistens Meisterlehrende vor Augen, die es allerdings in der Praxis viel weniger gibt, als man denken mag.

Der fragend-entwickelnde Unterricht hingegen benutzt überwiegend Fragen und keine Vorträge. Dennoch gehört auch er zu den Frontalformen, da die Lernbegleitung mit den Fragen und oft Visualisierungen oder am Beispiel von Texten und Fällen den Lernprozess dominiert. Durch geschicktes Fragen erscheint es aber so, als ob die Lernenden auch hinreichend alle zum Mitdenken und dabei sogar zu eigenen Antworten, Einsichten und Schlüssen gelangen. Dies ist allerdings nur im glücklichsten Fall gegeben und keineswegs für alle Lernenden die Regel. Aus dem Ideal des fragend-ent­wickelnden Unterrichts, der für die Lernbegleitung ein kontrollierter Weg der Instruktion ist, ist dieser lange Zeit überschätzt worden. Er kann auch nicht länger als 10-15 Minuten die Aufmerksamkeit der Lernenden fesseln, und dies auch nur, wenn die Lernbegleitung besonders anschaulich die Inhalte in Fragen verwandeln kann, die weder zu leicht noch zu schwer zu beantworten sind. Lernbegleitungen beherrschen das schwierige Verfahren der Übersetzung von Inhalten in Fragen leider nicht immer hinreichend. Es bedarf besonderer Fähigkeiten, um einen mitunter sehr abstrakten Stoff geschickt immer wieder in offene Fragen zu verwandeln, die weder suggestiv die Antworten schon vorgeben noch bloß rhetorisch die Fragen letztlich selbst beantworten lassen.

Methoden­­steckbrief

Zeitansatz

Es kann unterschiedliche Zeitansätze geben:

Kurzformat:

5-10 Minuten (z.B. für kleine Einheiten oder Impulse).

Standard:

10-20 Minuten (z.B. zur Bearbeitung eines Themas).

Langformat:

20-60 Minuten (z.B. für komplexere Themen oder vertiefende Diskussionen).

Gruppengröße

Es sind unterschiedliche Gruppengrößen möglich:

Kleingruppen:

5–15 Personen (Übergang in intensive Diskussion möglich).

Mittlere Gruppen:

16–30 Personen (steigende Beteiligung).

Großgruppen:

Ab 30 Personen, wobei verstärkt moderiert werden muss, um alle einzubinden.

Analog und/oder Digital

Analog und digital möglich:

Analoge Anwendungen:

  • Fragekarten: Fragen werden schriftlich vorbereitet und flexibel eingesetzt.
  • Tafel/Whiteboard: Ergebnisse und Zwischenschritte werden sichtbar gemacht.
  • Arbeitsblätter: Fragen können auch schriftlich beantwortet und später diskutiert werden.

Digitale Anwendungen:

  • Videokonferenzen: Nutzung von Tools wie Zoom, MS Teams oder anderen.
  • Interaktive Plattformen: padlet, mentimeter, miro oder anderen zur Sammlung von Antworten und Visualisierung.
  • Abstimmungstools: Slido oder kahoot, um Antworten oder Meinungen der Lernenden abzufragen.
  • Foren/Chats: In asynchronen Formaten können Fragen schriftlich diskutiert werden.

Vorbereitung

Es sind unterschiedliche Vorbereitungsaufgaben sinnvoll: 

Ziel und Thema definieren:

Das Ziel der Einheit sollte klar sein (z.B. eine neue Methode verstehen, ein Konzept anwenden). Die Lernbegleitung muss so im Thema stecken, dass sie leicht alles in Fragen verwandeln kann.

Fragen entwickeln:

Offene, verständliche und schrittweise aufgebaute Fragen spontan aus dem Thema heraus äußern oder vorbereiten, um zum Mitdenken anregen.

Materialien bereitstellen:

Analoge: Tafel, Flipchart, Karten, Arbeitsblätter.

Digitale: Tools einrichten, Zugang sicherstellen.

Zeitplan erstellen:

Zeit für Diskussion, Reflexion und Antworten pro Frage kalkulieren.

Durchführungs­schritte

1. Schritt: Einführung

  • Einführung in das Thema mit einer einleitenden Frage oder einem Problem.
  • Aktivierung von Vorwissen, z.B. durch eine offene Frage wie „Was wisst ihr bereits über …?“

2. Schritt: Entwicklungsphase

  • Systematische Fragen stellen, die Schritt für Schritt das Thema erarbeiten.
  • Lernende formulieren Antworten, die von der Lernbegleitung ergänzt, vertieft oder weitergeführt werden. Zwischen Lernenden und der Lernbegleitung wird hin und her gewechselt, die Bälle von Fragen und Antworten werden wie in einem Tischtennisspiel hin und hergespielt.
  • Antworten und Ergebnisse visuell festhalten.

3. Schritt: Ergebnissicherung

  • Zusammenfassung der zentralen Erkenntnisse.
  • Nach einer bestimmten Zeit Überleitung zur praktischen Anwendung oder Vertiefung des Themas.

4. Schritt: Reflexion

  • Feedback von den Lernenden einholen und ggf. offene Fragen klären.

Die Lernbegleitung darf sich nicht im Fragen erschöpfen, sondern muss bei sinkender Beteiligung in andere Aktivitätsformen wechseln!

Tipps zur Durchführung

Tipps zur Durchführung
  • Fragen klar formulieren: Präzise und offene Fragen stellen, die zum Nachdenken anregen.
  • Zeit lassen: Lernenden ausreichend Zeit geben, um Antworten zu formulieren.
  • Moderieren: Diskussionen lenken, ohne die Antworten zu stark vorzugeben.
  • Visualisieren: Ergebnisse und Zwischenschritte sichtbar machen, z.B. an der Tafel oder mit digitalen Tools.
  • Vielfalt der Fragen: Unterschiedliche Fragetypen nutzen, z.B. Wissens-, Verständnis-, Anwendungs- oder Reflexionsfragen.
Stolperfallen
  • Fragend-entwickelnd antworten immer nur Einzelne stellvertretend für die gesamte Lerngruppe. So entsteht leicht die Illusion, dass alle mitmachen und alles verstanden haben.
  • Lernbegleitungen können schlechter mit Antworten umgehen, die über das Thema hinausführen, weil dies das Unterrichtskonzept stört.
  • Auch auf fehlerhafte Antworten ist es nicht immer einfach, produktiv einzugehen, weil dies zu viel Zeit kosten könnte.
  • Unklare Fragen: Zu vage oder komplexe Fragen können zu Verwirrung führen.
  • Dominanz einzelner Lernender: Einzelne Personen könnten die Diskussion dominieren; die Lernbegleitung sollte alle einbeziehen.
  • Passivität: Manche Lernende könnten sich zurückziehen, wenn die Methode zu stark moderiert wird.
  • Zeitmanagement: Zu lange Diskussionen bei einzelnen Fragen könnten den gesamten Ablauf verzögern.
  • Unzureichende Vorbereitung: Ohne klare Struktur können Lernende überfordert werden.
Variationen
  • Letzte Antwort stellt nächste Frage: Lernende formulieren eine eigene Frage, ohne an die vorherige anknüpfen zu müssen.
  • Sokratische Gesprächsführung: Tiefgehende Fragen, die auf philosophische Reflexionen abzielen.
  • Fragenrotation: Lernende stellen sich gegenseitig Fragen in Kleingruppen oder Paaren.
  • Feedback-Fragen: Fragen zu einem bereits erarbeiteten Thema, um Reflexion und Feedback zu fördern.
  • Interaktive Fragenkette: Lernende formulieren eine Frage basierend auf der vorherigen Antwort.
  • Themencluster: Verschiedene Fragengruppen bearbeiten unterschiedliche Aspekte eines Themas.
Anwendungs­beispiele

Oft ist es sinnvoll, die Lernenden Fragen stellen zu lassen. Stellt die Lernbegleitung die Fragen, hat sie eine bessere Zeitkontrolle. Einige Anregungen zum Einsatz der Methode:

 Unterricht:

  • Sprachen: Fragen zur Analyse eines Textes oder zur grammatischen Struktur.
  • Naturwissenschaften: Schrittweise Erarbeitung eines Experiments oder einer Theorie.
  • Geschichte: Diskussion historischer Ereignisse, z.B. „Was waren die Ursachen der Französischen Revolution?“

Weiterbildung:

  • Soft Skills: Reflexion über eigene Kommunikation oder Teamarbeit.
  • Projektmanagement: Fragen zur Entwicklung eines Projektplans.

Teambuilding:

  • Diskussion von Erwartungen, Zielen oder Herausforderungen im Team.

Online-Workshops:

  • Entwicklung eines Themas in Breakout-Räumen mit anschließender Ergebnissicherung.

Konfliktmanagement:

  • Reflexion über Ursachen, Perspektiven und Lösungen bei Konflikten.

Didaktik & Literatur

Erfahren Sie mehr

Kontakt

Lernen Sie uns kennen

Reich & Partner

Besuchen Sie unsere Reich & Partner Webseite

Methodenpool