Portfolio
Reflexion und Feedback
Zusammenhänge verstehen
In Portfolios sammeln und reflektieren die Lernenden ihre erlernten Inhalte und Arbeitsergebnisse.
Kurzbeschreibung Portfolio
Portfolios sind Mappen (analog oder als E-Portfolio), in denen Arbeitsergebnisse, Dokumente, Visualisierungen und alle Arten von Präsentationen bis hin zu audio-visuellen Dokumentationen oder Kunstwerken eigenständig von Lernenden gesammelt und gesondert reflektiert werden. Das Portfolio soll während einer Ausbildungs- oder Lernphase dazu anhalten, wichtige Inhalte, Methoden und Ergebnisse (pieces of evidence) gezielt zu beobachten und schriftlich oder in anderer Form dokumentiert festzuhalten. Gleichzeitig soll dieser Vorgang gezielt reflektiert werden, um vor schematischen Übernahmen zu schützen und eigenständige Urteile zu fördern.
Portfolios sind in der Regel dabei immer sowohl produkt- als auch prozessorientiert. Es werden Produkte und Prozesse dokumentiert und reflektiert, die Bemühungen, Ergebnisse und möglichst Fortschritte von Lernenden darstellen helfen. So kann eine Analyse des Lernprozesses einsetzen, die das Lernen selbst zum Gegenstand einer Reflexion nimmt, um die Selbstwirksamkeit des Lernens zu verbessern. Dies kann nur hinreichend gelingen, wenn die Lernenden dabei an der Auswahl der Inhalte und der Art der Darstellungsmöglichkeiten, der Festlegung der Beurteilungskriterien und dem Beurteilungsprozess aktiv beteiligt werden. Eine aktive Beteiligung setzt immer voraus, dass eingehende Gespräche von Lernenden und Lernbegleitenden über das Portfolio in kooperativer Form geführt werden. Dabei müssen Lernbegleitungen insbesondere auch auf eine angemessene Beziehungsseite ihrer Kommunikation achten! Und sie müssen für Portfolios einen klaren Rahmen setzen (Ziele, Verbindlichkeit, Umfang und Erwartungen, Bewertungen und ihre Konsequenzen) und hinreichend Hilfen bei der Ein- und Durchführung anbieten.
Methodensteckbrief
Zeitansatz
Der Zeitansatz hängt von der Komplexität des Themas ab:
Nach Wochen, Halbjahren oder Jahren.
Porfolios laufen immer über längere Zeiträume, um den Lernprozess genügend abbilden zu können und Zeit für Reflexion zu geben.
Gruppengröße
Eher in Einzelarbeit sinnvoll:
Einzelarbeit:
Überwiegend in Einzelarbeit, aber integrierte Partner- und Gruppenphasen können dabei zusätzlich sinnvoll sein.
Analog und/oder Digital
Wichtig ist, dass im Portfolio die Inhalte an einem Ort abgelegt sind, als Mappe/Ordner, Sammlung oder als Teil einer Lernplattform:
Analoge Anwendungen:
Dies ist die klassische Form einer Mappe. Sie bietet den Vorteil, dass sie den Lernenden stets vor Augen steht, auch haptisch erfassbar ist und sich besser in der Wahrnehmung vernetzt. Hier wird der individuelle Beitrag oft deutlicher empfunden und sichtbar. Kann leicht mit anderen in einer Kleingruppe geteilt werden.
Digitale Anwendungen:
Das E-Portfolio bietet zahlreiche Möglichkeiten der Integration von analogen und eingescannten Materialien als auch digitalen Lernergebnissen. Hierzu können Audioaufzeichnungen und Podcasts ebenso gehören wie selbst erstellte Videos.
Vorbereitung
Lernbegleitende geben den Rahmen für das Portfolio vor, aber die Lernenden sind für die Befüllung und Reflexion zuständig:
Lernbegleitung:
- Thema eingrenzen
- Regeln formulieren
- Format bestimmen
- Zwischenstopps und Reflexionen einbauen
- Beurteilungskriterien festlegen
- Zeit und Umfang definieren (Pflicht und Wahlteile). Ein klares Inhaltsverzeichnis mit Zeiträumen bzw. Meilensteinen diskutieren oder vorgeben.
Lernende:
Das Portfolio anlegen und nach den besprochenen Vorgaben befüllen.
Durchführungsschritte
Die nachfolgend genannten Checkpunkte können helfen, Unterricht bzw. eine Lerneinheit mit Portfolio zu planen. Zu allen Punkten sollten vor Beginn gemeinsam mit den Lernenden Vorstellungen entwickelt werden:
1. Partizipation planen
Lernbegleitungen und Lernende sollten möglichst gemeinsam das Portfolio planen. Je mehr Partizipation am Anfang, desto höher fällt in der Regel das Durchhaltevermögen bei der Durchführung aus. Einführend sind dabei die Bewertungskriterien gemeinsam zu erarbeiten.
2. Zeitraum planen
Der Zeitraum kann themen- oder fachbezogen sein. Günstig ist es, erst einmal mit überschaubaren Portfolios anzufangen und Erfahrungen zu sammeln. Ist die Methode bekannt, dann kann das Portfolio auch kontinuierlich geführt werden. Es ist in jedem Fall notwendig, Termine und Zwischenstopps zu vereinbaren, an denen das Portfolio ausgewertet wird.
3. Ziele und Aufgaben planen
Portfolios können sehr unterschiedliche Ziele verfolgen. Sie sollen jedoch immer Leistungen von Lernenden dokumentieren und hierüber eine Selbstreflexion anregen. Sinnvoll ist es meistens, jene Arbeiten auszuwählen, die besonders einen Kompetenzzuwachs zeigen können oder die exemplarisch für einen Lernzuwachs stehen. Üblicherweise werden inhaltliche Pflichtteile bestimmt (zentrale Aufgaben, die von allen gemacht werden müssen). Es gibt aber auch Wahlteile, um den Lernenden Selbstbestimmtheit und Selbstwirksamkeit zu ermöglichen.
4. Einzel- oder Gruppenportfolios einsetzen?
Meistens werden Portfolios individuell eingesetzt. Dies hat den Vorteil, differenziert auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten individueller Lernender einzugehen und diese gezielt zu fördern. Aber auch ein Gruppenportfolio ist bei Projekten oder bestimmten Themen denkbar und sinnvoll.
5. Was wird gesammelt?
Das Portfolio ist ein halböffentliches Dokument. Es enthält individuelle Arbeitsergebnisse, einen privaten Teil nur für die Lernenden, und einen halb-öffentlichen Teil für die Lernbegleitung, die nach Absprache gelesen werden. Nur dieser halb-öffentliche Teil dient der Bewertung. Oft werden dann die besten Produkte eines bestimmten Zeitraums (einer Woche, eines Themas oder Unterthemas usw.) gesammelt. Vorher zu klären sind meistens folgende Fragen:
- Was soll konkret in den einzelnen Abteilungen gesammelt werden? (Beispiele vorher nennen).
- Was ist dabei vorgegeben und was kann frei zusätzlich gemacht werden? (Wahl und Pflichtteil)
- Nach welchen Kriterien wird beurteilt?
- Können die Lernenden sich auch untereinander beurteilen?
6. Einsatz und Reichweite planen, KI begrenzen
Portfolios sollen Lernvorgänge begleiten und möglichst systematisch reflektieren helfen. Um dies zu erreichen, muss ein verzahnter Einsatz zu den sonstigen Lernmethoden kontinuierlich hergestellt werden. Heute besteht die Neigung, bei der Erledigung von Arbeiten umfassend die KI zu nutzen. Dies ist kein Problem, wenn die Nutzung dokumentiert und reflektiert wird. Lernbegleitungen müssen jedoch darauf achten, dass durch die KI nicht individuelle Vorteile aus Fremdnutzungen gezogen werden. Dies kann leichter erreicht werden, wenn die Aufforderung besteht, das eigene Ergebnis mit dem der KI zu vergleichen.
7. Wie wird reflektiert?
Im Portfolio soll immer eine schriftliche Reflexion erfolgen. Diese sollte nicht einfach beschreibend sein und bloß die vorgelegten Ergebnisse kommentieren, sondern den Lernprozess selbst reflektieren. Dazu sind Fragestellungen geeignet, die darauf gerichtet sind:
- die Auswahl der Gegenstände im Portfolio zu begründen
- das Verhältnis von eingebrachten Leistungen und Leistungsveränderungen zu diskutieren
- eingesetzte Lernmethoden und ihre Effektivität für die Lernenden zu beschreiben
- Erkenntnisgewinne und offen gebliebene Fragen zu bezeichnen
- Wünsche und Imaginationen im Blick auf einzelne Aspekte zu thematisieren usw.
Solche Fragen müssen vorher entwickelt und dem Portfolio als Leitfragen oder jeweilige Deckblätter für einzelne Ordnerteile beigegeben werden. Hier kann es auch sinnvoll sein, Selbstevaluationsfragebögen nach längeren Etappen als Zwischenreflexion in das Portfolio mit einzubauen.
8. Welche Hilfe gibt es?
Es sollte schriftliche Anleitungen geben, eine Sammlung von Form- und Deckblättern, einen genauen Zeitplan, wobei diese Aspekte gemeinsam zu diskutieren und zu bestimmen sind. Zusätzlich wird ein Plan für Gespräche zwischen Lernbegleitung und Lernenden und eine Möglichkeit für Besprechungsgruppen der Lernenden untereinander benötigt.
9. Wie wird ausgewertet?
Grundsätzlich nimmt die Lernbegleitung bei jedem Portfolio nach einer vereinbarten Zeit eine Bewertung vor. Diese wird nach den festgelegten Kriterien in einem ausführlichen Gespräch zurückgemeldet. Hier ist durchgängig nicht nur etwas zu fordern, sondern stets auch zu fördern.
Vorbereitend zur Auswertung muss gemeinsam mit den Lernenden festgelegt werden, nach welchen Kriterien das Portfolio ausgewertet wird. Dabei erweisen sich qualitative Bewertungen mit konkreten Ziel- und Fördergesprächen als sinnvoller als bloße Notenvergaben. Abschließend sollten die Portfolios weiterverwendet werden. Sie können Ausgangspunkt mündlicher Prüfungen sein, was den Einsatz der KI ggf. kontrollieren hilft. Sie lassen sich auch zur gegenseitigen Information für alle Lerner einsetzen oder auch in einem WIKI oder dergleichen veröffentlichen.
10. Was kann später verbessert werden?
Eine Möglichkeit zur Überarbeitung nach einer ersten Bewertung kann die Wirksamkeit des Portfolios erhöhen. Die Lernenden können dadurch dokumentieren, dass sie Fortschritte nach der Bewertung und dem gemeinsamen Gespräch gemacht haben.
11. Wem wird das Portfolio wann abschließend präsentiert?
Immer der Lernbegleitung. Gleichwohl sollten als Anreiz auch die Lernenden beteiligt werden. Hier lassen sich Teilpräsentationen vorstellen oder Ausstellungen organisieren.
12. Wer hebt das Portfolio auf?
Nach Abschluss der Bewertung, Diskussion und ggf. Ausstellung geht das Portfolio immer an die Erstellenden zurück. Es ist ihre individuelle Lerndokumentation.
Ein Portfolio ist ein individuelles Werk, dass nach außen zeigt, was ich gelernt habe und von mir zeigen will!
Tipps zur Durchführung
Tipps zur Durchführung
Die Fragen zur Reflexion stehen im Zentrum jedes Portfolios. Sie helfen den Lernenden, ihre Reflexionen zu orientieren und sollten möglichst vor dem Portfolio gemeinsam erarbeitet werden. Als anregend haben sich z.B. folgende Fragen in Portfolios erwiesen:
- Warum sehe ich dies als eine beste Arbeit von mir an?
- Was ist mir in der Bearbeitung bereits gelungen? (Interesse am Thema, Schwierigkeiten und ihre Bewältigung, erste Hypothesen und Lösungen, Überprüfung und Anwendung, neu erworbene Methoden).
- Was zeigt das Ergebnis von mir und meiner Arbeit?
- Wo sehe ich noch Fehlstellen und Lernmöglichkeiten?
- Was würde ich beim nächsten Mal anders machen?
Es lassen sich auch konkrete Aufträge statt Fragen stellen:
Beschreibe den Arbeitsprozess in seinen einzelnen Stufen und nenne Stellen, an denen Du das dargestellte Problem entdeckt hast, wo und wie Du Ideen bekommen hast, wo Schwierigkeiten entstanden sind und wie sie bewältigt wurden, wie Du den Gegenstand erforscht hast und wie Du die Richtigkeit Deines Ergebnisses sichergestellt hast. Vergleiche Dein Ergebnis mit den Informationen, die Du aus Infoquellen bekommen hast. Beschreibe, mit wem Du Deine Ergebnisse diskutiert hast. Nenne die Punkte, die dadurch dazu gekommen sind und stelle Deine Zustimmung oder Ablehnung zu den Anregungen, die Du bekommen hast, jeweils konkret dar.
Stolperfallen
- Portfolios lassen sich bei unterschiedlichen Lernenden und unterschiedlichen Aufgaben nicht hinreichend eindeutig miteinander vergleichen und gleichförmig oder gerecht im Rangvergleich bewerten (zumindest nicht so einfach wie bei Standardtests – auch wenn im scheinbar eindeutigen Rangvergleich auch zahlreiche Probleme existieren);
- nicht alle Fächer und alle Themen lassen gleichermaßen eine relativ eindeutige Standardisierung aller erreichbaren Leistungen erzielen;
- oft fehlt es an Schulungsmaßnahmen der Beurteilenden von Portfolios oder auch an hinreichender Zeit und kollegialer Abstimmung, um Rangvergleiche durch Noten hinreichend gerecht durchzuführen. Verbalbewertungen erscheinen deshalb meist als sinnvoller, sind aber nicht immer erlaubt.
Variationen
Folgende Variationen treten einzeln oder gemischt auf:
- Arbeitsportfolios zeigen die Arbeitsergebnisse eines bestimmten Zeitraums und dokumentieren den Fortschritt, der dabei gemacht wurde. Die Dokumentation kann aus einfachem Brainstorming bis hin zu fertigen Präsentationen bestehen. Dabei können gute als auch schlechtere Arbeiten aufgenommen sein. Wichtig ist es, dass eine begleitende Reflexion der Arbeiten durch die Lernenden stattfindet.
- Prozessportfolios sammeln Dokumente, in denen möglichst zahlreiche Facetten und Phasen des Lernprozesses erfasst sind. Hier kommt es darauf an, das Vorher und Nachher deutlich zu unterscheiden und die gemachten Fortschritte thematisieren zu können. Dazu gehört in jedem Fall eine auch zwischendurch immer wieder eingebaute Reflexion der Lernenden zu dem Lernprozess.
- Präsentations- oder Abschlussportfolios dienen vor allem der abschließenden und zusammenfassenden Beurteilung eines Lernenden in einem Lernabschnitt, einem Ausbildungsteil oder einer gesamten Ausbildungszeit (was sich dann durchaus mit Arbeits- und Prozessportfolios mischen kann). Hier sollen möglichst die besten Arbeiten erfasst werden, die Lernende in das Portfolio aufnehmen wollen oder müssen. Nur fertige Ergebnisse sollten hier dokumentiert werden. Die Auswahl und die Ergebnisse sind zu reflektieren.
Anwendungsbeispiele
Es gibt im Internet sehr viele Beispiele für gelungene Portfolios, aber auch für triviale Formen, die diese Methode schnell diskreditieren können. Lernbegleitungen und Lernende sollten immer darauf achten, die Portfolios als Herausforderung und nicht als lästige Pflicht zu sehen. Vor allem triviale Ergebnisse sind zu vermeiden. Vor allem das eigene Anwendungsbeispiel hilft, die Stärken diese Methode zu dokumentieren.
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