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Storyline, Storytelling

Zusammenhänge verstehen

Soziales Lernen

Erzählungen nutzen, um Wissen und Erklärungen anschaulich und einprägsam zu verankern.

Kurzbeschreibung Storyline, Storytelling

Die Storyline-Methode oder auch Storytelling genannt, kombiniert das Erzählen und Entwickeln einer Geschichte mit aktiven Lernprozessen. Sie fördert kreatives Denken, Problemlösekompetenz und die Anwendung von Wissen in einem narrativen Kontext. Die Lernbegleitung oder noch besser Teilnehmende erstellen gemeinsam eine Geschichte, die in Etappen entwickelt wird, und verbinden dabei emotionale und fachliche Inhalte.

Theorie hinter der Methode:

  • Narratives Prinzip (The Principle of Story): Geschichte, Kultur und Religion werden seit jeher in Form von Geschichten von Generation zu Generation übermittelt. Sie helfen dabei, die Welt um einen herum zu verstehen. Die Erfahrungen, die handelnde Personen in einer Geschichte machen, bieten durch Identifikation oder auch Abgrenzung Ideen, um sich zu orientieren, etwas anzunehmen oder abzulehnen, etwas zu behalten.
  • Grundsatz der Antizipation (The Principle of Anticipation): Lernende lassen sich in das Geschehen einer Erzählung hineinziehen. Sie versuchen vorauszusehen, wie die Geschichte sich weiterentwickelt. Vorahnung trägt dazu bei, dass die Spannung erhalten bleibt.
  • Grundsatz der Gleichberechtigung (The Principle of the Teacher’s Rope): Lernbegleitung und Lernende haben gleichermaßen Einfluss auf  den Verlauf der Geschichte. Dies erhöht die Aktivität der Lernenden.
  • Grundsatz der Teilhaberschaft (The Principle of Ownership): Mitverantwortung stellt einen der wichtigsten Gründe für Motivation dar. Wenn Lernende eine bedeutsame Rolle bei der Projektgestaltung spielen, fühlen sie sich auch für das Projekt verantwortlich. Die Offenheit von Schlüsselfragen (key-questions) ermöglicht es den Lernenden, sich und ihre Vorerfahrungen einzubringen. Durch diese Offenheit sind die Fragen auch authentisch. Es geht nicht darum, eine bestimmte Antwort auf eine Frage zu geben, sondern darum, Denkprozesse in Gang zu setzen. Die Lernenden fühlen sich, als Teil des Ganzen, ernst genommen.
  • Grundsatz des Zusammenhangs (The Principle of Context): Dieser Grundsatz ist eng an den des narrativen Prinzips gebunden. Er besagt, dass strukturierte Informationen (in Form der story) besser behalten werden als singuläre Items. Der Psychologe Jerome Bruner formuliert: „That what does not get structured narratively suffers loss in memory“ (Jerome Bruner, zit. nach: Kocher 1999, 279). Darüber hinaus ist anerkannt, dass neue Lerninhalte an vorhandene angeknüpft werden müssen, damit sie behalten werden. Lernende bauen ihr Verstehen auf, indem sie vom Bekannten zum Unbekannten gehen.
  • Grundsatz der Strukturierung vor der Handlung (The Structure Before Activity Principle): Storyline ermöglicht es den Lernenden, zuerst konzeptionell tätig zu werden, bevor sie ihr Modell an der Wirklichkeit überprüfen. Herauszufinden was man schon weiß und was man noch nicht weiß, zeigt die Lücken auf. Die Lernbegleitung stellt mit der angebotenen Struktur (key-questions) einen Handlungsrahmen zur Verfügung, mit dessen Hilfe die Lücken gefüllt werden können. (Vgl. Cresswell 1997, 10ff)

Methoden­­steckbrief

Zeitansatz

Der Zeitansatz hängt von der Komplexität des Themas ab:

Einzelstunde: 30–60 Minuten

für kleine Story-Projekte

Halbtagesprojekt: 2–4 Stunden

für ausführliche Geschichten mit tieferer Bearbeitung

Mehrtägiges Projekt:

Mehrere Sitzungen für komplexe Storylines, die umfangreich ausgearbeitet werden.

Gruppengröße

Es sind unterschiedliche Gruppengrößen möglich:

Kleingruppe: 3–5 Personen

intensiver Austausch und kreative Zusammenarbeit

Mittlere Gruppen: 6–15 Personen

für breitere Perspektiven und Arbeitsteilung

Großgruppen: Bis zu 30 Personen

aufgeteilt in kleinere Teams mit spezifischen Aufgaben

Analog und/oder Digital

Analog und digital möglich:

Analoge Anwendungen:

  • Kreative Materialien: Stifte, Papier, Poster, Karten, Requisiten, Flipcharts.
  • Visuelle Unterstützung: Zeichnungen, Mindmaps oder Figuren, die die Geschichte veranschaulichen.
  • Raumgestaltung: Offene Räume oder Stationen, die unterschiedliche Kapitel der Story darstellen.

Digitale Anwendungen:

  • Präsentationstools: Canva, Prezi oder PowerPoint zur Visualisierung der Story.
  • Kollaborative Tools: Miro, Jamboard oder Padlet für gemeinsames Arbeiten an der Storyline.
  • Storytelling-Software: Tools wie Storyboard That oder Pixton für visuelle Geschichten.
  • Storytelling mit Videos: Explain Everything, Animoto, Moovly usw.

Vorbereitung

Verschiedene Vorbereitungsaufgaben sinnvoll:

Thema und Ziel definieren:

  • Welches Wissen oder welche Fähigkeiten sollen durch die Geschichte vermittelt werden?
  • Beispiel: „Ein Abenteuer zur Nachhaltigkeit“ oder „Die Reise eines Produkts“.

Storyrahmen erstellen:

  • Ein grober Handlungsbogen mit offenen Enden, die die Lernenden kreativ füllen können.
  • Beispiel: „Eine Stadt steht vor dem Problem einer besseren Mülltrennung. Wie können die Bewohner/innen es lösen?“

Materialien bereitstellen:

Analoge: Karten, Marker, Figuren oder Bilder.

Digitale: Plattformen und Zugänge zu Storytelling-Tools.

Zeitplan und Gruppenstruktur festlegen:

Klare Zeitvorgaben und Aufgabenteilung, z.B. Kapitel, Charakterentwicklung, Konfliktlösung.

Durchführungs­schritte

1. Schritt: Einführung

  • Ziel und Ablauf der Methode erklären.
  • Thema oder Ausgangssituation der Story vorstellen.

2. Schritt: Story entwickeln

  • Teilnehmende arbeiten in Teams an unterschiedlichen Kapiteln oder Aspekten der Story:
    • Charaktere: Wer ist beteiligt? Was sind ihre Ziele und Konflikte?
    • Handlungsort: Wo spielt die Geschichte? Welche Umgebung wird beschrieben?
    • Plot: Wie entwickelt sich die Handlung? Welche Wendungen gibt es?
  • Die Planung einer Story muss sorgfältig nach einem roten Faden Häufig werden Begebenheiten oder Dinge aus der unmittelbaren Lebenswelt der Lernenden, aber auch landeskundliche Aspekte oder Fantasiegeschichten genommen. Das Grundthema wird dann in einzelne Episoden gegliedert, wobei in der ersten oft der Rahmen entworfen, in der darauffolgenden ein Charakter geschaffen wird. Charakter und Handlungsort sind Voraussetzung, um dann den Plot zu gestalten. Unerwartete Zwischenfälle im Laufe einer Storyline initiieren Problemlöseprozesse, deren Komplexität je nach Leistungsvermögen und Alter der Lerngruppe variieren können. Der Schluss der Geschichte ergibt sich entweder aus der Lösung der Problemsituation oder durch die Befragung von Experten. Aber auch ein Ausflug oder ein Wettbewerb kann den sinnvollen Abschluss eines Plots bilden.
  • An die Durchführung eines Storyline-Topics sollte zwingend eine Reflexion Diese kann mündlich oder auch schriftlich, in Form eines Fragebogens oder eines Berichts, erfolgen. Auch das projektbegleitende Schreiben eines Tagebuchs hat sich in der Evaluation bewährt.
  • Schlüsselfragen sind Fragen, die sich auf die einzelnen Episoden der Storyline beziehen. Durch sie werden die Lernenden aktiv in die Story einbezogen. Sie sind auch für das Fortschreiten der Geschichte notwendig, um in die nächste Episode zu gelangen. Oftmals wird die Antwort auf eine Frage nicht unmittelbar gegeben, sondern in der Gruppe erarbeitet. Schlüsselfragen enthalten oft Formulierungen wie: Was glaubst du…? Wie stellst du dir ein … vor? Was würdest du fragen, wenn …?
  • Handlungsplan: Stehen die einzelnen Episoden der Storyline fest und sind die dazugehörigen Schlüsselfragen entworfen, kann ein Handlungsplan aufgestellt werden. Er dient als Organisationshilfe für die Lernbegleitung.

    3. Schritt: Präsentation der Story

    • Die Lernbegleitung oder die Teams präsentieren ihre Teile der Geschichte nacheinander, sodass eine zusammenhängende Handlung entsteht. Nach und nach werden von allen Lernenden Schlüsselfragen beantwortet, um in der Story voranzuschreiten.
    • Es empfiehlt sich an der Wand oder in einem digitalen Board aufzulisten, welche Episoden bearbeitet wurden, welche Schlüsselfragen danach gestellt wurden und welche Antworten es gab, in welchen Sozialformen gearbeitet wurde und welche Ergebnisse erzielt wurden.

    4. Schritt: Reflexion

    • Diskussion über die Story: Welche Lösungen oder Ideen wurden entwickelt? Wie lassen sich Erkenntnisse auf die Realität übertragen?

    Die Methode Storyline/Storytelling verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der zunächst in kleinem Maßstab ausprobiert werden sollte, bevor man ganze Lernbereiche danach ausrichtet.

    Tipps zur Durchführung

    Tipps zur Durchführung
    • Kreativität fördern: Offene Fragen und flexible Vorgaben ermöglichen vielfältige Ideen.
    • Moderation: Begleiten, ohne zu stark einzugreifen. Impulse geben, wenn nötig.
    • Visualisierung: Ergebnisse und Inhalte anschaulich präsentieren (z.B. Zeichnungen oder Diagramme).
    • Zeitmanagement: Klarer Zeitrahmen für jede Phase setzen, um Fokus zu bewahren.
    • Spaß und Emotionen: Eine emotionale Verbindung zur Story schaffen, um Motivation und Engagement zu erhöhen.
    Stolperfallen
    • Unklare Vorgaben: Zu wenig Struktur kann Verwirrung oder Chaos verursachen.
    • Zeitmangel: Geschichten können umfangreicher werden als geplant, daher klare Zeitlimits setzen.
    • Unterschiedliches Engagement: Nicht alle Teilnehmenden bringen sich gleich ein; Moderation sollte alle einbinden.
    • Komplexität: Zu komplexe Themen oder Rahmen können die Kreativität hemmen.
    • Fehlender Realitätsbezug: Es sollte ein klarer Bezug zu den Lernzielen hergestellt werden.
    Variationen
    • Themenzentrierte Storylines: Geschichte zu einem spezifischen Thema, z. B. „Klimaschutz“ oder „Digitalisierung“.
    • Improvisierte Storyline: Teilnehmende entwickeln die Geschichte ohne vorbereiteten Handlungsrahmen.
    • Visuelles Storytelling: Erstellung von Comics, Storyboards oder kurzen Videos.
    • Erweiterte Storyline: Die Geschichte wird über mehrere Sitzungen entwickelt und durch neue Ereignisse ergänzt.
    • Mixed Media Storytelling: Kombination aus analogen und digitalen Elementen (z.B. gezeichnete Charaktere, digitale Präsentation).
    • Methode Glasgow: Siehe Beispiele im Internet.
    Anwendungs­beispiele

    Hier einige Anregungen:

    Unterricht:

    • Landeskunde: Beschreibe eine Stadt in Deutschland für einen Reiseführer mit wenigstens 10 Sätzen. Stelle Schlüsselfragen: Wo ist diese Stadt? Was ist besonders an ihr? Was kann man dort machen? Zeichne die Verbindungen zur nächsten großen Stadt auf. Dann triffst du eine berühmte Person aus dieser Stadt. Schreibe in einem Dialog mit mindestens 10 Sätzen, was du von ihr über ihre Geschichte erfährst. (Nach ähnlichem Muster auch die folgenden Beispiele konkretisieren).
    • Geschichte: Nachstellen eines historischen Ereignisses mit alternativen Wendungen.
    • Sprachen: Schreiben einer Geschichte in der Fremdsprache, die Wortschatz und Grammatik integriert.
    • Naturwissenschaften: Entwicklung einer Story zur Erklärung eines wissenschaftlichen Phänomens.

    Weiterbildung:

    • Projektmanagement: Simulation von Projektphasen als Storyline.
    • Change-Management: Geschichte einer Organisation, die sich verändert.

    Teambuilding:

    • Gemeinsame Entwicklung einer Story, um Kreativität und Zusammenarbeit zu fördern.

    Unternehmensentwicklung:

    • Erarbeitung von Visionen und Strategien durch eine narrative Darstellung.

    Kreatives Schreiben:

    • Entwicklung von Kurzgeschichten oder Szenarien als Einstieg in Schreibprozesse.

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